Ein lang ersehntes Ereignis ward Wirklichkeit
Die wunderschönen Choräle und die motettenartig komponierten Chorsätze der Bachschen Weihnachtskantaten brachte der über 40 meist jugendliche Sänger zählende Kammerchor gesangstechnisch optimal und mit einer das Publikum faszinierenden Ausstrahlung zu Gehör. Das Herz ging einem auf, als zum Beispiel die berühmten Chöre „Jauchzet, frohlocket!“ (zum Eingang) und „Herrscher des Himmels“ (Teil III) erklangen.
Das zum übergroßen Teil aus fortgeschrittenen Laienmusikern bestehende Orchester musizierte in seiner Gesamtheit engagiert, dynamisch und sauber. Chor und Gesangssolisten fühlten sich von der 30 Musiker zählenden Instrumentengruppe sicher und gut getragen. Einige Arien wurden exzellent begleitet: von dem Trompeter Andreas Ebert (Falkenstein), von der Flötistin Roswitha Haupt (Zeulenroda) und von dem Violinisten und agierenden Konzertmeister Stephan Strunz (Hof). Beachtliches forderte Bachs Werk aber auch von den Oboen. Sie meisterten ihre Stimmen gut.
Glanzleistungen des Abends waren die Vorträge der vier Gesangssolisten, wobei freilich der Tenor Rüdiger Husemeyer (Bad Herrenalb) die meisten Titel (Arien u n d Rezitative) zu bestreiten hatte und damit auch körperlich höchsten Ansprüchen gerecht werden musste. Gratulation! - Ein Kunstgenuss der Spitzenklasse waren die Vorträge der Altistin Ann Juliette Schindewolf (Bremerhaven). Ihre klare, schlanke Stimme und ihre Fähigkeit, mit freundlichem Gestus die in Bachs Arienkompositionen zum Ausdruck kommende Güte, Wärme und dankbare Freude ins Herz der Zuhörer zu tragen, musste einen tief ergreifen. Anerkennung für die dargebotenen Solovorträge gebührt auch der Sopranistin Cornelia Kortüm (Witten) und dem Bass Manuel Helmeke (Leipzig). Die Zuhörer hätten sie gern noch öfter gehört, doch Bach hat es offensichtlich nicht gewollt!
Ein Lob muss man auch dem Dirigenten Jürgen Gerisch zollen. Er führte Chor, Orchester und Solisten souverän und sicher, wo es angebracht oder notwendig war, auch energisch und mit Faszination. Der über 90 Minuten pausenlos geforderte Kräfteaufwand war enorm. Es ist ihm zu danken, dass er zu Beginn für das bessere Verstehen der Bachschen Kantatenmusik wichtige Begriffe, wie Oratorium, Arie, Rezitativ u. a. erläuterte.
Notabene: Die meisten Zuhörer hätten gern zum noch tieferen Verstehen der gesungenen Chöre, Rezitative und Arien die Texte in einem Heft nachgelesen. - Die Akustik des Saales der Kirche ist zwar im Allgemeinen gut, aber dennoch nicht unproblematisch. Der Grad des Genusses der musikalischen Darbietungen ist leider sehr abhängig vom Sitzplatz des Zuhörers. Zwischen ihm und den agierenden Sängern und Musikern müsste ein größerer Zwischenraum sein, was damit bewiesen werden kann, dass der Chor, der von den Konzertbesuchern am weitesten entfernt stand, von jedem Platz aus klanglich am besten erlebt werden konnte. An dieser Stelle darf der Zuhörer dem Orchester noch eine Empfehlung geben: Im Augenblick des Einsatzes des Solisten sollte man sich unbedingt eine Stufe in der Dynamik zurücknehmen und, was ebenso wichtig ist, während des Musizierens immer auch auf den Sänger oder die Sängerin h ö r e n. Dann stimmen die Proportionen und man versteht den gesungenen Text viel besser.
Diese kleinen kritischen Hinweise schmälern den schönen und großen Erfolg, den die Sänger und Musiker für sich verbuchen dürfen, in keiner Weise. Allen Mitwirkenden ein herzliches Dankeschön! Und G O T T D E M H Ö C H S T E N danken wir mit Johann Sebastian Bachs Wahlspruch, der am Schluss vieler seiner Partituren zu lesen ist:
S O L I D E O G L O R I A !
Text: KaG/Fotos: U.S.